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Seiten
290x230 mm
Auflage 30000
Wenn einer vom Mittelalter hört und vom Bier - was fällt ihm da gleich ein? Die brauenden und pokulierenden Mönche. Von denen handeln Bilder, Geschichten und Romane.
Man meint, es habe im Mittelalter nur Klosterbräu gegeben. Aber so war es gar nicht. Zumindest nicht im frühen Mittelalter. Das war - zwischen dem fünften und dem neunten Jahrhundert - noch eine sehr germanische Epoche. Erst damals wurden überhaupt die Rechte der einzelnen Germanenstämme festgehalten und aufgeschrieben - die der Goten und der Burgunder, der Franken und der Alemannen. der Bayern und der Sachsen. Für unser Thema bedeutet das: bis weit über die Zeit Karls des Großen hinaus galt germanischer Brauch.
Da wurde in jedem Dorf, landauf und landab, üppig gebraut. Die Germanen hätten sich sehr gewundert, wenn ihnen jemand dieses Recht streitig gemacht hätte. Direkt, wie sie waren, hätten sie ihren Braukessel genommen und zugeschlagen.
Die »Lex alemannorum«, das alemannische Volksrecht, entstand 719 zur Zeit des Herzogs Lantfrit von Schwaben. 743 wurde unter der Regierung von Herzog Odilo die »Lex bajuwariorum« formuliert, das bayerische Volksrecht. In beiden war genau festgehalten, wer welche Abgaben zu erbringen hatte: Holz, Fleisch, Getreide, Flachs, Honig, Wolle. Und Bier. Jeder durfte brauen, soviel er wollte. Fest stand nur, was er abzuliefern hatte.
Auch Karl der Große, dessen Regierung 768 begann, legte Wert aufs Bier. Damals hatten die Kaiser noch keine festen Residenzen. Sie betrieben die Regierungsgeschäfte ambulant, im Umherziehen von Pfalz zu Pfalz. Traf der Kaiser in einem dieser Herrscherhöfe ein, besorgte der dort eingesetzte Amtmann alles Nötige, um den Troß zu versorgen - vor allem mit Lebensmitteln. Und natürlich mit Bier. Jede Pfalz hatte ihre eigene Brauerei, die fast ununterbrochen in Betrieb war. Karl der Große schätzte nicht nur die Qualität (denn er trank selbst sehr gern), sondern auch die Quantität. Bier konnte man verkaufen. Bei der jährlichen Abrechnung seiner Gutsverwalter verlangte er stets eine gesonderte Aufstellung über Kosten und Erträge seiner Brauereien.
Natürlich gab es zu Karls des Großen Zeit auch schon Abteien und Bistümer, Klöster und bierbrauende Mönche. Aber noch nicht lange. Die Klosterbrauereien galten damals als ganz neumodische Einrichtung.
Das Christentum war ja erst hundert bis zweihundert Jahre vor dem großen Karl - im 6. und 7. Jahrhundert - nach Germanien gekommen. Irische Mönche - bewundernswerte, tapfere Burschen - brachten es ins Land. Sie gründeten kleine Klöster, die nichts anderes waren als eine Anhäufung einzelner Hütten, deren jede eine Mönchszelle darstellte. Die Mönche, die von diesen Missionaren geworben wurden, hatten alles andere als ein feines Leben.
Autor: Rolf Lohberg
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